Von diesem Gedanken fasziniert, erkundigte ich mich bei Claude, meinem Vermieter, wo er denn zur Kirche gehe und ob ich nicht mal mitkommen könne. Klare Sache - gar kein Problem.
Die "Life Church" ist gerade die Straße hinunter - und wieder vollkommen anders, als ich mir das vorgestellt hätte. Zunächst einmal habe ich das Gefühl ins Kino zu gehen, denn das Gebäude sieht nun überhaupt nicht nach Kirche aus. Schließlich finde ich mich in einer super-modernen, ebenfalls sehr temperamentvollen, aber weniger afrikanischen Messe wieder. Während eine christliche Rockband und eine christliche Hip-Hop-Dance-Gruppe auf der großen Bühne ordentlich Leben in die Bude bringen, beginnen die Zuschauer in ihren Kinosesseln trance-artig ihre Arme zu heben und immer wieder laut "Amen!" zu rufen.
Auf die Bühne tritt dann der Prediger und sprüht vor guter Laune. Gleich wie ein Entertainer springt er von der einen Seite zur anderen, um uns allen einzuprägen, dass wir Zeugnis ablegen sollen vor unseren Mitmenschen. Wir sollen mehr und mehr Leute überzeugen, dieser Kirche beizutreten. Alle neuen Kirchenbesucher ruft er zu sich auf die Bühne (ich bleibe stoisch sitzen), nur um sie dann an seine Assistentin weiter zu leiten, die sich schnell noch die Kontaktdaten geben lässt.
Ich muss etwas schlucken als ein weiterer - offensichtlich international aktiver Prediger, die Bühne betritt und berichtet, wie in den nächsten 12 Monaten 900 Schulen in der Kapregion besucht werden sollen, um vor sämtlichen Schülern das gleiche Zeugnis abzulegen und sie alle in dieser Kirche zu vereinen. Und so ist auch die einzige Botschaft des Tages: mehr Menschen in diese Kirche zu holen, locken, treiben - aber jegliches Unbehagen diesbezüglich geht schließlich in den Klängen der Rockband, die zum Abschluss noch einmal aufspielt, unter. Bei den meisten zumindest.
Anschließend geht es nach Langla - zum Braai. Langla ist ein Township bei Kapstadt, das durch seine immens hohe Mordrate hervorsticht - andererseits aber auch eine ungemeine Anziehungskraft ausübt: Denn hier soll es den besten Braai der ganzen Kap-Region geben. Und so ist eine Menge Gedränge vor dem Laden, in dem man sich erst sein Fleisch aussucht um es dann an Ort und Stelle in Soße tunken und schließlich grillen zu lassen. Im Innern des Geschäfts geht es zu wie bei der Börse, doch mit Claude und Maggie im Schlepptau kann ich mich als einziges Bleichgesicht sogar trauen einige Fotos zu schießen.
Während wir auf unser Braai warten machen wir noch eine kurze Runde über die Geschäfte und Stände am Ort und landen schließlich am wohl unheimlichsten Ort, den ich bisher hier gesehen habe: In der "Praxis" eines Naturheilers.
In fast vollkommener Dunkelheit streift man durch einen niedrigen Raum an dem überall Schlangenhäute und Tierfüße von der Decke baumeln - allerlei Amulette und Skelette. In den Regalen stehen hunderte und tausende kleiner Fläschchen mit zerstampftem Allerlei und merkwürdigen Gebräuen. Hinter einem Gitter scheint eine schwache Kerze und dort sitzt auch der Heiler. Er gibt leise Ratschläge an einen Mann, der davor kniet und gerade irgendein Malheur am Hals haben muss. Da hier alle Xhosa sprechen verstehe ich leider nicht worum es geht. Dafür finde ich den Assistenten des Heilers und verhandle mit ihm über die Möglichkeit Fotos zu schießen - mit Unterstützung durch Claude sogar mit Erfolg.
Fotos (oben:) Er empfängt schon den heiligen Geist während die anderen noch profan gucken. (mitte:) Hier wird Braai gemacht. (unten:) "Praxis" des Naturheilers. Im Chaos lebt das (Naturheiler-) Genie.
1 Kommentar:
Hallo Simon,
klingt ja alles maechtig spannend bei dir!
Hoffe dein Meeting am Samstag war erfolgreich... Segeln war traumhaft!!
Man sieht sich bestimmt die Tage mal wieder...
Wie hast du eigentlich mein Blog gefunden??
Gruesse von der Arbeit ;)
Julia
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